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Presseschau

Berlinale Debatte: Neustart-Sehnsüchte und Dieter Kosslick

27. November 2017
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Er sei ihr Gesicht und ihre Seele: Seit 16 Jahren leite Dieter Kosslick die Berlinale. Zu lange, so die Aussagen mancher. Es werden strukturelle und personelle Neuerungen gefordert. Von Christiane Peitz in der ZEIT. Seit dem 1. Mai 2001 leite Dieter Kosslick die Internationalen Filmfestspiele Berlin. Sein mehrfach verlängerter Vertrag ende am 31. Mai 2019. Dann wird er 18 Jahre im Amt gewesen sein. Sein Vorgänger de Hadeln war 20 Jahre im Amt. Am 4. Dezember wird es in der Akademie der Künste in Berlin eine von Kulturstaatsministerin Monika Grütters anberaumte Podiumsdiskussion geben und einen Tag darauf wird es im Haus der Kulturen der Welt eine Tagung des Berlinale-Aufsichtsrats geben – am 5. Dezember. Das Gremium habe, berichtet Peitz, Kosslick gebeten, seine Ideen für eine mögliche Neustrukturierung vorzustellen. „Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass es künftig eine Gewaltenteilung geben soll – und dass Kosslick wohl genau dies vorschlagen wird. Eine Chefin oder ein Chef für die Filmkunst, eine weitere Person fürs Gesellschaftliche und fürs Geschäftliche – bei den Konkurrenten in Cannes und in Venedig ist das längst üblich.“ Peitz bezeichnet die Berlinale weiter als „Riesentanker“, der einen Geschäftsführer oder eine Präsidentin und eine künstlerische Leitung benötigen würde: „Zwei neue Namen, zwei neue Gesichter aus der internationalen Festivalwelt“.

Bei einem historischen Abriss seiner Amtszeit und Handlungen betont Seitz: „Dann lockte er die Deutschen. Die Branche hatte die Berlinale unter de Hadeln zuletzt gemieden, wenn nicht gehasst. Kosslick führte eine eigene Reihe ein, die Perspektive Deutsches Kino, zeigt bis heute vier, drei, zwei einheimische Werke im Wettbewerb. 1516 deutsche Produktionen und Koproduktionen zählt die Berlinale seit Kosslicks Amtsantritt insgesamt.“

Ein weiteres Dilemma der Berlinale sei der Termin. Da die Oscar-Verleihung in den Februar gelegt wurde, sei es schwer Stars zur Berlinale zu bekommen. Seitz weiter: „Wer Oscar-Filme und ihre Stars nach Berlin locken will, müsste das Festival in den Dezember verlegen. Ein strukturelles Dilemma, kein personelles.“

Peitz appelliert, dass das Festival wohl ein neues Gesicht brauche, aber es Dieter Kosslick es verdiene, „..dass er zwei letzte, gute Jahre hinlegen“ könne. Auch, dass „er würdig verabschiedet und nicht zum Opfer seines Erfolgs“ gemacht werde. „Dass vor lauter Neustart-Sehnsüchten nicht plötzlich alles passé ist, was die Berlinale ausmacht.“ Ein schwäbischer Human Touch

Mehr Transparenz bei der Nachfolgesuche
Kai Müller analysiert im Tagesspiegel, was der Erneuerungswunsch, den 79 Regisseure geäußert haben, bedeute. So würde u.a. „mehr Transparenz“ bei der Nachfolgesuche gefordert. Besonders auffallend sei an dem Aufruf, dass mit ihm ein Konflikt offen zutage“ treten würde, „zwischen der Festivalleitung, die sich vor allem um die deutsche Filmszene bemüht zu haben meint, und eben dieser Filmszene.“
Müller sieht in der Erklärung eine "Sehnsucht, den Bedeutungsverlust aufzuhalten, den das Festival in den vergangenen Jahren international erlitten hat. Und sie mündet in der Forderung seitens der Filmemacher, stärker an den die Zukunft des Festivals betreffenden Entscheidungen beteiligt zu werden." Für die Neubesetzung des Intendanten der Berlinale ist Kulturstaatsministerin Monika Gründers zuständig. Ein Sprecher aus ihrem Hause habe bekundet: „weitere Möglichkeiten zu einer transparenten Debatte über die zukünftige Struktur und inhaltliche Ausrichtung der Berlinale anzubieten“. Berlinale, die nächste

Ebenfalls im Tagesspiegel: Hochhäusler: "Der deutsche Film fühlt sich dort nicht mehr gut aufgehoben“ / Reihe "Perspektive Deutsches Kino .. im Grunde ein Ghetto“
Der Regisseur Christoph Hochhäusler hat den Aufruf zur Zukunft der Berlinale mit unterzeichnet. Im Interview mit Christiane Peitz für den Tagesspiegel erklärt er die Kritik am Berliner Filmfestival. "Wir haben auch das Gefühl, dass die Berlinale im 16. Jahr Kosslick ein bisschen ausgeleiert ist. Also sehr stark an Profil verloren hat, auch international. Der deutsche Film fühlt sich dort nicht mehr so gut aufgehoben. Das Festival ist vollkommen unübersichtlich geworden.." Hochhäuser weiter: „Vor allem halte ich die Reihe „Perspektive Deutsches Kino“ für problematisch. Im Grunde ist sie ein Ghetto, kein internationaler Gast verirrt sich je dorthin. Das deutsche Kino schmort im eigenen Saft und ist auf der Berlinale wie weggesperrt – während der Anteil deutscher Filme im Hauptprogramm nicht gestiegen ist.“
Zur Frage nach dem Wunschkandidaten: „Wir haben uns unter den Initiatoren des Aufrufs früh darauf verständigt, dass wir eine Namensdiskussion vermeiden wollen. Aber unser Wunschkandidat wäre jemand, der vor allem kuratorisch erfahren ist, der wirklich glaubhaft fürs Kino brennt, der nicht Funktionär ist, nicht aus der Förderbürokratie kommt, der nicht in alle Richtungen Beißhemmungen hat, weil er die deutsche Szene schon zu gut kennt – also jemand, der frei künstlerische Entscheidungen treffen kann.“ "So verschwinden tolle Filme im Sumpf des Mittelmäßigen“

(Bis hier alle frei zugänglich)

taz.de: "Ein so beeindruckend breites Bündnis gab es selten im deutschen Film."
Filmemacher fordern „Neuanfang“

(auf Wunsch frei zugänglich)

Süddeutsche Zeitung: Tobias Kniebe sieht in der Erklärung der 79 Regisseure und Regisseurinnen ein offen ausgesprochenes Misstrauen gegen Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die den Berlinale-Chefposten zu vergeben habe und hinter den Kulissen seit einiger Zeit auf der Suche sei. Kniebe weiter: „Eine internationale Findungskommission braucht man nur, wenn man den bisher Zuständigen nicht zutraut, eine Persönlichkeit zu identifizieren, die tatsächlich über die nötigen Qualifikationen verfügt.“ Wer bitte brennt fürs Kino?
(SZ, Ausgabe Nr. 271 vom 25./26.11.17)

Martin Blaney nennt in Screendaily weitere potentielle Namen für eine Nachfolge: Kirsten Niehuus, Petra Müller, Diana Iljine, Christine Dollhofer oder Alexander Horwarth. High-profile German filmmakers call for Berlin Film Festival overhaul


Berlinale-Debatte: Festivaldirektor Dieter Kosslicks Reaktion

Auf Spiegel Online reagierte Festivaldirektor Dieter Kosslick auf die Erklärung von 79 deutschen Filmemachern zu einer möglichen Neugestaltung der Berlinale. 

79 Filmemacher fordern einen Neuanfang der Berlinale. Jetzt hat sich der Chef des Festivals in einer Stellungnahme geäußert – bleibt aber vage. Auf die Forderung nach einer Findungskommission, die nach dem Willen der Regisseur*innen eine herausragende kuratorische Persönlichkeit finden soll, die für das Kino brennt, gehe Kosslick in seiner Stellungnahme nicht direkt ein, so im Artikel im Spiegel. Kosslick zur Sache: "Das Berufungsverfahren liegt in Händen der Staatsministerin für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters. (…) Der Aufsichtsrat hatte mich aufgefordert, einen Vorschlag zu einer möglichen Neustrukturierung der Berlinale zu unterbreiten. Diesen Vorschlag werde ich – völlig unabhängig von meiner Person – dem Aufsichtsrat vorlegen." Kosslick reagiert auf Erklärung der Filmemacher

Blickpunkt:Film: Kosslicks Vertrag läuft Ende Mai 2019 ausKosslick reagiert auf Erklärung der Filmemacher

Tagesspiegel: Debatte um Berlinale-Neuanfang: Politik unterstützt Forderung nach Transparenz und Partizipation bei der Neubesetzung von Intendanzen
Die Grünen hätten signalisiert, dass sie die Forderung von 79 Regisseurinnen und Regisseuren für einen Neuanfang bei der Berlinale unterstützen würden. Der Berliner Abgeordnete Daniel Wesener, bis zum letzten Jahr Landesvorsitzender, erinnerte dazu an das Beispiel der Berliner Volksbühne. Jüngste Berliner Erfahrungen deuten darauf hin, dass man sich mit etwas mehr Transparenz und Partizipation bei der Neubesetzung von Intendanzen und künstlerischen Leitungen eine Menge Ärger ersparen kann", habe er bei Twitter dazu geschrieben. Um die Berufung von Chris Dercon als Nachfolger des langjährigen Volksbühnen-Intendanten Frank Castorf hatte es monatelang Streit gegeben.
Dutzende Filmschaffende fordern "Neuanfang" für Berlinale

Kommentar zur Berlinale-Debatte in der Berliner Zeitung von Harry Nutt:
Dabei sei das Anliegen der Filmprofis durchaus ernst zu nehmen, schreibt Nutt: "Sie verleihen ihrer Sorge Ausdruck, dass die politische Entscheidungsschwäche auch ihrer künstlerischen Reputation schaden könne." Endlich Druck im Kulturkessel

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