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Presseschau

Uli Aselmann: „Die Luft wird dünner“

8. November 2012
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Im Interview mit Blickpunkt:Film (Ausgabe 45/12 vom 5. November) sagt Uli Aselmann, stellvertretender Vorsitzender des Produzentenallianz-Gesamtvorstands, der angezogene Wettbewerb sei durch die damit notwendigen und steigenden Stoffentwicklungskosten für kleinere Betriebe zu einem Problem geworden, weil sie mit einer dünnen Kapitaldecke und eingeschränkten Kreditlinien gegenüber den Unternehmen mit finanzstarken Gesellschaftern im Nachteil seien. „Es ist abzusehen, dass einige Firmen klammheimlich vom Markt verschwinden werden.“

Das Interview im Wortlaut:

„Die Luft wird dünner“

München – Laut einer Studie hat die Zahl der Produktionsfirmen deutlich zugenommen. Entsprechend gesunken ist das durchschnittliche Produktionsvolumen. Konzern- und Sendertöchter dominieren den Markt. Uli Aselmann (Die Film GmbH), Vorstandsmitglied der Produzentenallianz, beschreibt die Risiken für unabhängige Unternehmen.

Die Anzahl der Produktionsfirmen ist gestiegen. Anlass zur Sorge?
Der Kuchen wird wahrscheinlich nicht größer. Wir sind also an einer Schwelle angelangt, die die Überlebensqualität insbesondere der kleineren und unabhängigen Unternehmen nicht verbessert. Es ist kaum noch möglich, sich als neue unabhängige Produktionsfirma mit mittelfristiger Perspektive am Markt zu etablieren. Der angezogene Wettbewerb ist durch die damit notwendigen und steigenden Stoffentwicklungskosten für kleinere Betriebe zu einem Problem geworden, weil sie mit einer dünnen Kapitaldecke und eingeschränkten Kreditlinien gegenüber den Unternehmen mit finanzstarken Gesellschaftern im Nachteil sind.

Wie lange können kleine Firmen noch überleben?
Das kann ich nicht beantworten. Mir ist es generell ein Rätsel, wie man sich über Wasser halten kann, wenn man nur alle ein, zwei Jahre einen Kino- oder Fernsehfilm produziert. Das geht wahrscheinlich nur mit einer Form von Selbstausbeutung. Es ist abzusehen, dass einige Firmen klammheimlich vom Markt verschwinden werden. Es wäre aber bedauerlich, wenn das zu Lasten des kreativen Outputs ginge, denn das Gros der kulturellen und wirtschaftlichen Kinoerfolge der letzten Jahre wurde vielfach von unabhängigen Produzenten hergestellt.

Spitzt sich die Lage derzeit zu?
Jedenfalls sind die goldenen Zeiten der Jahrtausendwende eindeutig vorbei. Die Produktionslandschaft hat sich verändert, und die Marktführer haben ihre Anteile erheblich ausgebaut.

Der Anteil der Sendertöchter am Produktionsvolumen liegt bei über 40 Prozent. Eine zusätzliche Bedrohung?
Selbstverständlich steht Firmen, die einen Fernsehsender oder ein großes Medienunternehmen im Rücken haben, größere finanzielle Power zur Verfügung. Man kann das den Gesellschaftern kaum verübeln. Als Vater sorge ich ja auch dafür, dass es meinen Kindern gut geht, aber ich kann doch in der Beurteilung anderer Kinder darum nicht nachlässig sein oder ihre Begabungen ignorieren! Diese Produktionsfirmen haben natürlich einen Wettbewerbsvorteil.

Zum Nachteil kleinerer Betriebe?
Ich bin Idealist, ich gehe nach wie vor davon aus, dass sich individuelle Qualität durchsetzt. Daher versucht unser Unternehmen auch weiterhin, besondere Filme zu machen. Ich sehe es als viel problematischer an, wenn mir ein Sender erklären will, dass ich für einen bestimmten Sendeplatz auch im Erfolgsfall nur einen Film pro Jahr produzieren darf. Dann wird die Luft natürlich dünner.

Fürchten Sie eine Spaltung der Allianz: hier die Sendertöchter, dort die unabhängigen Firmen?
Die Zukunft wird zeigen, wie und ob wir solidarisch sind. Es gibt ja abgestimmte Jahresziele, die wir in der Produzentenallianz bisher gemeinsam beschlossen haben. Für mich und viele meiner Kollegen steht die Leidenschaft für unsere Arbeit an erster Stelle. Aber mir ist klar, wie dünn das Eis ist. Die Auftragslage ist auch in Sachen Budgetgröße und gewachsener Ansprüche gegenüber den hohen Qualitätsstandards angespannt.

Wo sehen Sie Vorteile unabhängiger Firmen gegenüber den Konzerntöchtern?
Autoren, Regisseure und Schauspieler arbeiten gern für uns, weil sie mit dem Unternehmer unmittelbar zu tun haben. Aber das erhöht leider nicht die Produktionsschlagzahl. Dennoch müssen wir in jedem Fall selbstreflektiert an innovativen Programmideen und neuen Erzählformen arbeiten. Ich hoffe, dass die Einführung der Haushaltsabgabe zu einer neuen Qualitätsdiskussion führen wird. Es muss sich ohnehin grundsätzlich etwas ändern.

Woran denken Sie konkret?
Die politische Unabhängigkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks ist längst nicht so groß, wie dies den Gründervätern einst vorschwebte. ARD und ZDF erklären immer wieder, wenn die Quote nicht stimme, verliere man den politischen Rückhalt. Die Politik muss aber in erster Linie daran interessiert sein, dass ARD und ZDF ein ganz wichtiger Eckpfeiler der Demokratie sind und die kulturelle Vielfalt pflegen.

Welche Herausforderungen kommen auf die Allianz zu?
Der gesamte Medienmarkt verändert sich immer rasanter. Das gilt vor allem für die Auswertungsformen. Verhandlungsergebnisse sind daher viel rascher überholt als früher und müssen immer schneller auf den Prüfstand gestellt werden, damit die Produzenten finanzielle Mittel generieren können, um weiter innovative Partner auch der Sender zu bleiben. tpg

Quelle: Blickpunkt:Film Nr. 45/2012 vom 5. November, S. 36/37. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von G+J Entertainment Media GmbH & Co. KG.

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