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Presseschau

Wirtschaftliche Aussichten der deutschen Produktionswirtschaft 2010: Gesunkene Erwartungen bei Film- und Fernsehproduzenten

8. Juli 2010
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„Ungenügende Bezahlung für geforderte Leistungen“ bedeu­tendes Pro­blem für Produzenten / 46 % der Unternehmen erwarten Umsatz­rück­gänge / 40 % erwarten Rückgang der Festangestellten, nur noch 20 % planen Neuein­stel­lungen / FFA-Krise gefährdet Kinofilm

Berlin, 8. Juli 2010 – Erneut hat die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen eine Mitgliederbefragung* zu den wirtschaftlichen Aussichten der deutschen Filmwirtschaft 2010 durchgeführt. Alexander Thies, Vor­sitzen­der des Produzentenallianz-Vorstandes zu den Ergebnissen: „Das Posi­tive: Wir sind durch die Krise gekommen, und die meisten von uns gibt es noch. Wir hatten weniger Geschäftsaufgaben als wir vor einem Jahr be­fürchteten, und ein nennenswerter Anteil der Produzenten sieht der Zukunft eher optimistisch entgegen.“

Bewerteten bei der Untersuchung 2009 44 % die wirtschaftliche Ent­wickl­ung ab 2010 positiv und 53 % als neutral, sind es jetzt immerhin noch 42 % positiv Gestimmte und 47 % Neutrale. Deutlich ist allerdings die Stei­ge­rung des Anteils der Unternehmen, die die wirtschaftliche Entwicklung ungenügend, schlecht oder negativ einschätzen. Sie hat sich von 3 % im ver­gangen Jahr auf 9 % erhöht.

Die Stimmungsverschlechterung schlägt sich auch auf die erwartete  Ent­wick­lung der Mitarbeiterzahl der Unternehmen nieder. Erwarteten 2009 22 % einen Rückgang der Zahl der Festangestellten, sind es jetzt schon 40 %. Entsprechend sank der Anteil der Unternehmen, die neue Mitarbeiter ein­stellen wollten. Nach 33 % im vergangenen Jahr sind es aktuell nur noch 20 %. Der Anteil der Unternehmen mit einer gleichbleibenden Mitar­bei­terzahl ist von 45 % auf 40 % geringfügig gesunken.

Diese Werte korrespondieren mit der erwarteten Umsatzentwicklung. Rech­neten 2009 schon 37 % mit einem Rückgang, sind es jetzt sogar an­nähernd die Hälfte: 46 %. Mit einem Anstieg rechnen jetzt nur noch 38 %  – nach 50 % im letzten Jahr. Die Zahl der Unternehmen mit stagnierenden Umsätzen ist  von 13 % leicht auf 16 % gestiegen.

„Die Kurve zeigt also nach unten, sie ist nur nicht so steil, wie wir im letzten Jahr befürchtet haben“, kommentiert Alexander Thies diese Zahlen. „Trotz dieser gewissen Erleichterung ist aber deutlich, dass die Zukunft für die Mehr­heit der Unternehmen alles andere als sicher ist.“

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Einige wurden in der Umfrage besonders deutlich:

Nach wie vor sind die Rahmenbedingungen für Auftragsproduktionen mit den Fernsehsendern ein Problem für die Produzenten. Fast 70 % nennen bei der Frage nach bedeutenden Problemen und Herausforderungen „un­genügende Bezahlung für geforderte Leistungen“. Auch 2009 hatten 70 % angegeben, dass ihnen bei inflationsbereinigt gleichbleibender Vergütung ein immer umfangreicheres Leistungsspektrum (Produktionsleistungen, Ne­ben­leistun­gen, Lizenzen, etc.) abverlangt wird.

Erstmals wurde in diesem Jahr nach dem Anteil der Auslandserlöse ge­fragt, der mit 10 % im Vergleich zu anderen bedeutenden europäischen Film- und Fernsehwirtschaften niedrig ist. In Großbritannien zum Beispiel liegt die Export-Anteil für Fernsehprogramme bei ca. 30 %. Die Produzen­ten­allianz erwartet hier eine Verbesserung durch den Abschluss von Sender-Vereinbarungen, die den Produzenten größere Freiräume und bessere Wertschöpfungsmöglichkeiten bieten. „Das ist auch unbedingt nötig,“ sagt Produzentenallianz-Geschäftsführer Dr. Christoph E. Palmer. „Nur, wenn die Produzenten aus der Verwertung ihres Produktes Erlöse gene­rieren, können die schrumpfenden Mittel der Sender kompensiert werden, ohne dass es zu einem Qualitätseinbruch kommt.“

Neben dem Vertrieb im Ausland ist die Auswertung von Produktionen im Internet (Video on Demand) eine weitere wichtige Verwertungsmöglichkeit für die Produzenten. Knapp die Hälfte der Unternehmen rechnet in diesem Vertriebs-Segment in den nächsten drei Jahren mit Wachstum, etwa ein Viertel mit gleichbleibenden Umsätzen, keines will die Aktivitäten in diesem Bereich reduzieren oder gar einstellen.

Bei der Umfrage im vergangenen Jahr zeigten sich die Kino­film­pro­du­zenten höchst besorgt über die Infragestellung der Filmfinanzierung durch die Filmförderungsanstalt, nachdem das Bundesverwaltungsgericht Leipzig die Verfassungskonformität der Abgabepraxis in Frage gestellt hatte. In der Folge hatte eine zunehmende Zahl von Kinos die Filmabgabe „unter Vorbehalt“ gezahlt, wodurch die Mittel nicht in den laufenden FFA-Haushalt einfließen konnten. Inzwischen ist die Lösung des Problems durch die „klei­ne“ Novellierung des Filmförderungsgesetzes auf einem guten Weg, aber eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Gaben 2009 drei Viertel der betroffenen Unternehmen an, bei ihnen sei die Fertig­stellung von Projekten „akut gefährdet“, sind es jetzt sogar 86 %, die bei einem Wegfall der Filmförderung nach dem FFG einen Rück­gang der Kinofilmproduktion erwarten. 11 % würden die Kinofilm­pro­duk­tion sogar vollständig einstellen.

„Das bedeutet im Klartext, dass mit dem Kinofilm ein Leuchtturm der deutschen Kulturwirtschaft durch die FFA-Krise akut gefährdet ist“, sagt Uli Aselmann, Vorsitzender des Sektionsvorstands Kino der Produ­zen­ten­allianz, „und das in einem Moment, wo wir bei den Zuschauern und auch mit bedeutenden internationalen Filmpreisen und Festivalbeteiligungen so erfolgreich sind wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Aber ich hoffe immer noch, dass mit der FFG-Novellierung die Bedrohung abgewendet ist. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel!“

„Die deutschen Film- und Fernsehproduzenten hatten die Kraft, in ihrer Gesamtheit bis jetzt relativ unbeschädigt durch diese schwierige Zeit zu kommen.“ Das ist ein Fazit, das Christoph Palmer aus der aktuellen Bran­chenuntersuchung zieht: „Aber auch wenn die schlimmsten Auswirkungen der Finanzkrise jetzt überwunden zu sein scheinen, bleiben Heraus­for­derun­gen und Bedrohungen in großer Zahl. Das hat die Untersuchung gezeigt. Wir blicken also weiter mit gemischten Gefühlen nach vorne.“

* Bei der jährlichen Mitgliederbefragung der Produzentenallianz werden in einem stan­dar­di­sierten Fragebogen quantitative und qualitative Unternehmensdaten abgefragt, um ein mög­lichst authentisches Bild der aktuellen wirtschaftlichen Lage und der Jahres­aus­sichten der Branche zu erhalten. Die hohe Marktabdeckung der Produzentenallianz-Mit­glie­der und die große Beteiligungsquote von über 40 % lassen Rückschlüsse auf den aktuellen Zustand des Produktionsstandortes Deutschland zu.

Die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen ist die maßgebliche Interessenvertretung der deutschen Produzenten von Film-, Fernseh- und anderen audiovisuellen Werken. Sie vereint über 180 Produktions-unternehmen aus den Bereichen Animation, Kinofilm, TV-Entertainment, TV-Fiktion und Werbung.

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