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Presseschau

Abstimmung im EU-Parlament über Urheberrecht heute: „Alles gehört uns. Das aber stimmt nicht.“

12. September 2018
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Für diesen Mittwoch, den 12. September, hat das EU-Parlament zwischen 12:30 und 14:30 Uhr eine „Abstimmung, gefolgt von Erklärungen zur Abstimmung“ zum „Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ angesetzt. Umstritten waren im Vorfeld vor allem das sogenannte Leistungsschutzrecht für Verleger und die von Kritikern so bezeichneten Uploadfilter. Abgeordnete hatten insgesamt rund 200 sich teilweise ausschließende Änderungseinträge eingebracht, die in der Debatte mit abgestimmt wurden. Mit dem geänderten Text werden die Unterhändler des Parlaments nun anschließend in die Verhandlungen mit dem EU-Ministerrat gehen. Am Ende müssen Parlament und Rat zusammen ein Gesetz verabschieden.

Wir berichten morgen zu der Abstimmung. Vorab das wichtigste dazu heute vorab aus der Presse:

Süddeutsche Zeitung: „Alles gehört uns. Das aber stimmt nicht.“
„Google, Facebook und Co. haben es geschafft, dass jede Kritik an ihrem Geschäftsmodell, dass jedwedes Unterfangen, ihre Geld- und Marktmacht einzuschränken, ja, dass schon jeder Versuch, auch nur die geltenden Rechtsregeln auf ihre Unternehmen anzuwenden, als Angriff auf ihre Existenz, ja auf die Freiheit überhaupt verstanden wird.“ Prantl weiter: „Google, Facebook und Co. haben es verstanden, diejenigen als bemitleidenswerte Deppen einer überkommenen Welt dastehen zu lassen, die sich nicht damit abfinden wollen, dass sie zugunsten der Großdigitalisten entrechtet und enteignet werden. Bei den Entrechteten und Enteigneten handelt es sich um Autoren und Komponisten, um Musiker und Regisseure, um Buch- und Presseverleger, um Film- und Fernsehproduzenten. Es geht um die kreativen Berufe und um ihr geistiges Eigentum, das sich Urheberrecht nennt. Es ist dies das Recht der Menschen, die von dem, was sie denkend schaffen, leben müssen; das geht nicht mehr, wenn ein jeder ohne Entgelt darauf zugreifen kann.“ Von Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung: Ein Kampf um die Aufklärung (nicht frei zugänglich)

Finanzen (Online): „Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat gefordert, die Position der Urheber gegenüber digitalen Plattformen zu stärken. "Künstlerinnen, Künstler und Kreative müssen von ihrer Leistung auch in einer komplexen digitalen Wirklichkeit leben können", sagte sie vor der Abstimmung des Europäischen Parlaments über die EU-Urheberrechtsreform am Mittwoch. "Nur so werden wir unsere kulturelle und journalistische Vielfalt erhalten und die Kultur- und Kreativwirtschaft in Europa stärken." Zur Unterstützung der EU-Urheberrechts-Richtlinie hat Grütters am Dienstag mit der französischen Kulturministerin Françoise Nyssen eine Erklärung veröffentlicht. Ihr haben sich auch Kultur- und Medienminister aus Belgien/Wallonie, Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Spanien und Rumänien angeschlossen.“ Gemeinsame Deutsch-Französische Erklärung zum EU-Urheberrecht

Pressemitteilung der Produzentenallianz vom 10.09.2018 dazu:
Vor EU-Beschlussfassung zur Urheberrechtsrichtlinie: Produzentenallianz appelliert an deutsche EU-Parlamentarier, Schließung des ‚Value Gap’ und Balance der Interessen nicht aus den Augen zu verlieren

Frankfurter Allgemeine Zeitung
: Michael Hanfeld reagiert in der heutigen Ausgabe der FAZ (12.9.2018, Medienteil) auf die Forderung des Verbands der Internetwirtschaft Eco. Der Verband habe ein „modernisiertes Urheberrecht, dass dem digitalen Zeitalter gerecht wird“ gefordert, so reklamiert Hanfeld: „ohne positiv zu beschreiben, wie dieses denn verfasst sein sollte.“ Hanfeld erinnert in seinem Artikel daran, dass „es eine entsprechende Gesetzgebung“ geben muss „die das Recht auf geistiges Eigentum im Internet garantiert. Ohne dieses un-terwerfen die Tech-Konzerne die ganze Welt den Regeln der Plattformökonomie, die nichts anderes ist als Aus-beutung 2.0.“ Filterblase

„Für die Urheber in Europa geht es um alles oder nichts.“
Das Europaparlament stimmte am heutigen Mittwoch über das Urheberrecht ab. Aber es gehe dabei um weit mehr. Es gehe darum, ob sich die Plattformökonomie der Tech-Konzerne durchsetzt. Die machen es im Grunde wie Donald Trump. Ein Kommentar von Michael Hanfeld in der Frankfurter Allgemeine Zeitung: Das Credo der „Disruption“, sei für Europa so gefährlich wie Trumps „America first“, kommentiert Michael Hanfeld. „Sie vertreten ein Geschäftsverständnis, das Rechtsordnungen nur anerkennt, wenn sie den eigenen Zwecken dienen. So etwas wie das Urheberrecht, das Recht auf geistiges Eigentum, steht bei den Tech-Giganten auf der schwarzen Liste ganz oben. Mit Rechten und Inhalten Dritter machen sie Milliardenumsätze.“ Um diese Ziele zu erreichen, seien die Anerkennung von Rechten Dritter „unbrauchbar“. „Was sie nicht brauchen können, sind Urheber, die für ihre Werke einen fairen Anteil vom durch Werbung erzielten Gewinn haben wollen. Um diesen geht es, wenn das Europäische Parlament am Mittwoch über eine Novelle der Urheberrechts-Richtlinie abstimmt. Dann wird entschieden, ob es für die Kreativen aller Sparten, Autoren, Musiker, Regisseure, Film- und Fernsehproduzenten, Buch- und Presseverleger und für Verwertungsgesellschaften wie die VG Wort künftig ein Auskommen gibt oder nicht. Für die Urheber in Europa geht es um alles oder nichts.“
Er schreibt weiter: „Dass es um das Recht an geistigem Eigentum und somit um die Grundlage der Kreativwirtschaft geht in den beiden – umstrittenen – Artikeln 11 und 13 der Richtlinie und nicht um „Zensur“ und das „Ende des freien Internets“, ist für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments offenbar nicht leicht zu erkennen. Sie sind in den vergangenen Monaten mit einer Propaganda aus dem Netz beschossen worden, die ihresgleichen sucht.„ Es geht um alles oder nichts

Weitere Artikel zum Thema, die kurz vor der Abstimmung am 12.9. veröffentlicht wurden:
Meedia: „Eigentlich soll das Urheberrecht nach einem Vorschlag der EU-Kommission ans digitale Zeitalter angepasst werden. Im Juli wies das Europaparlament die Pläne aber mit knapper Mehrheit ab. An diesem Mittwoch wird erneut im Plenum abgestimmt. Fragen und Antworten im Überblick.“  Abstimmung über Reform des EU-Urheberrechts: Die wichtigsten Fragen und Antworten

T3n: „Je nach Ausgang der Abstimmung, bei der mehr als 200 unterschiedliche Änderungsanträge besprochen werden, könnte es zu einer europaweiten Einführung des Leistungsschutzrechtes nach deutschem Vorbild und verpflichtender Uploadfilter kommen.“ Eine ganze Reihe von Organisationen warnt vor den möglichen Folgen… EU-Urheberrechtsreform: Mozilla, Bitkom und Wikipedia protestieren gegen geplante Uploadfilter

Deutschlandfunk: Die geplante EU-Urheberrechtsnovelle kommt bei Medienrechtler Karl-Nikolaus Pfeifer nicht gut weg. Die Mitgliedsstaaten würden im Unklaren gelassen, kritisierte er im Dlf: "Wenn eine Richtlinie nur sehr allgemeine Begriffe vorsieht, dann haben wir natürlich genau das Gegenteil von dem, was die Richtlinie eigentlich erzeugen soll, nämlich harmonische, rechtssichere Vorschriften, die eben in allen Mitgliedsstaaten gelten", sagte er im Gespräch mit @mediasres.
„Keine klare Regelung, weiterhin Unsicherheit – so beurteilt der Kölner Medienrechtler Karl-Nikolaus Pfeifer die geplante EU-Richtlinie zum Urheberrecht in einem Interview im Deutschlandfunk. Doch eine Entscheidung werde angesichts eines "hohen Einigungsdrucks" wohl fallen: Rechtspolitisch umstritten, technisch kompliziert

(alle frei zugänglich)

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