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Presseschau

Alexander Kluge: Die Begabungsreserve des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt im Hörfunk – Vor allem muss man das Selbstbewusstsein der Produktionssphäre aufrechterhalten

14. Februar 2019
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„Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind die wichtigsten Begabungen aus dem Hörfunk gekommen: Günther Jauch, Thomas Gottschalk . . . Die Radiomoderatoren haben eine große Nähe zu dem, was in den Menschen immer gegenwärtig ist. Das ist Mündlichkeit und das Hören. Das Ohr unterscheidet besser, wem ich vertrauen kann, als das Auge, das sich durch Werbung schneller täuschen lässt. Die Begabungsreserve liegt im Hörfunk.“

Zum aktuellen Fernsehprogramm äußert Kluge: „Im Moment haben Sie eine Fehlentwicklung. So viel Kriminalität wie derzeit in den Krimis durchdekliniert wird, gibt es in der Gesellschaft gar nicht. Das ist die Anpassung an angebliche Zielgruppen. Eine Zielgruppe ist nichts Wirkliches.“ An einer anderen Stelle kritisiert er: „Die versammelten Samstagsprogramme des deutschen Fernsehens sind international nicht konkurrenzfähig. Man kann sie in keinem anderen Land vorführen, das ist für gebührenfinanziertes Fernsehen eine Affenschande.“ Er hebt aber auch das Fernsehen als „Leitmedium“ hervor: „Weil es im Netz keine zentrale Stelle gibt, geht man zu dem gemeinsamen Ort, das ist das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Das ist ein hohes Gut, man hat ein Vertrauensverhältnis zu den Leitmedien.“

Kluge äußert weiterhin zu einer durch Algorithmen und Streamingdienste veränderten Realität: „Vor allem muss man das Selbstbewusstsein der Produktionssphäre aufrechterhalten, wenn sich sonst alles in Informatik auflöst. Wir brauchen menschliche Arbeit in der Gesellschaft. Wir müssen die schwierigere Arbeitswelt verteidigen gegen die Verteilerwelt.“

Auch hebt er hervor, dass „ein intaktes öffentlich-rechtliches System“ es vermag, dass in unserem Land ein Medienmogul wie Berlusconi nicht Ministerpräsident werden könne und „es lässt einen Sender wie Fox nicht zu, der im Weißen Haus einen Präsidenten beschert.“

Auszüge aus dem Interview mit Diemut Roether (S. 7-14) in dem 40-seitigen Sonderheft des Branchenfachdienstes epd medien. Das Heft wurde anlässlich seines 70-jähriges Bestehens veröffentlicht und enthält viele lesenswerte Artikel. epd-medien Sonderausgabe 70 Jahre

 

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