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Presseschau

FFG, DFFF, ARD Eckpunkte 2.0 & Mediatheken: Interview mit Produzentenallianz-Geschäftsführer Christoph Palmer

23. Dezember 2016
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Im Interview mit dem medienpolitischen Magazin Promedia spricht Produzentenallianz-Geschäftsführer Christoph Palmer über das neue Filmförderungsgesetz, den Stand beim Deutschen Filmförderfonds, die Auswirkungen der ARD-Eckpunkte 2.0 und die geplante Verlängerung der Verweildauern von Produktionen in den Mediatheken.

Der Beitrag im Wortlaut:

„Das könnte schnell zur Sackgasse werden“

Für die deutsche Filmwirtschaft war 2016 ein wichtiges Jahr: Es gab zahlreiche Preise für deutsche Kino- und Fernsehfilme und das neue FFG wurde vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Zudem haben sowohl die ARD als auch das ZDF neue Rahmenvereinbarungen mit den Produzenten abgeschlossen, die ihnen eine realistischere Vergütung und bessere Möglichkeiten für eine digitale Verwertung sichern. „Unsere Bewertung des neuen FFG fällt durchaus gemischt aus“, so Dr. Christoph E. Palmer in einem promedia-Gespräch. Trotz einiger Verbesserungen konnten sich die Produzenten weder beim Erlöskorridor noch bei einer größeren Flexibilität des Auswertungsfensters durchsetzen. Fragen an den Geschäftsführer der Produzentenallianz zum FFG, zur Ausrichtung der FFA, zum DFFF und zur Vereinbarung mit der ARD.

promedia: Herr Palmer, das novellierte FFG tritt am 1. Januar 2017 in Kraft. Wie zufrieden sind Sie mit dem Gesetz, da ja nur einige der wichtigsten Ziele der Produzentenallianz bei der FFG-Novellierung erreicht worden sind?
Palmer:
Unsere Bewertung des neuen FFG fällt durchaus gemischt aus. Zu begrüßen ist, dass es gelungen ist, die Finanzierung der FFA für die nächsten Jahre auf (relativ) sichere Beine zu stellen. Besonders bedeutsam ist hier, dass die Schieflage, die sich in den letzten Jahren insbesondere im Bereich der Abgaben der Videowirtschaft und der ausländischen VoD-Anbieter aufgrund verschiedener Umstände ergeben hatte, beseitigt werden konnte. Gerade bei letzteren hat ja nun auch die EU Kommission grünes Licht gegeben. Bei der Verteilung der Förderung auf Projektfilm und Referenzfilmförderung hätte man sich auch andere Lösungen vorstellen können. Die jetzt vorgesehene jeweils ungefähr hälftige Dotierung dürfte aber überwiegend auf Konsens stoßen. Die Realisierungsraten geförderter Drehbücher waren in der Vergangenheit weitgehend unbefriedigend. Insofern macht es sicher Sinn, hier eine intensivere und begleitete Förderung erfolgversprechender Drehbücher zu versuchen. Man wird sicher erst nach einigen Jahren beurteilen können, ob dieser Versuch gelungen ist.

Auch die Konzentration der Vergabekommissionen und die Neuregelungen zu deren Besetzung aus einem Expertenpool sind grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn sich erst erweisen muss, ob dies nicht zu einer unsteten Entscheidungspraxis führen wird. Besonders wichtig war uns die Neuregelung des § 63 Abs. 3 FFG (neu), die nun vorsieht, dass auf der Grundlage einer noch zu erlassenden Richtlinie geregelt werden kann, dass der Eigenanteil des Produzenten auch durch Lizenzvorabverkäufe dargestellt werden kann. Das war eine langjährige und schon bei der letzten Novelle vorgetragene Forderung der Produzentenallianz. Auch der Wegfall der Verpflichtung, Eigenmittel in Höhe von 2 % einzusetzen, ist ein erfreulicher Schritt, der die leider allzu oft schwierige Eigenkapitalposition der Produzenten berücksichtigt.

promedia: Die Produzenten hatten einen Erlöskorridor gefordert, der nicht im Gesetz verankert ist. Was hätte der Ihnen gebracht?
Palmer:
Mit unserer Forderung, bei FFA geförderten Filmen in allen Verwertungsverträgen verpflichtend einen nicht verrechenbaren Korridor zu Gunsten der Produzenten vorzusehen, sind wir leider nicht durchgedrungen. Ein solcher Korridor hätte dazu beigetragen, dass die unglückselige Konstellation, dass die Produzenten zur Finanzierung ihrer Produktion in der Regel alle verfügbaren Rechte vorab veräußern müssen und bei der Rückdeckung der geleisteten Investitionen an letzter Stelle stehen, ein Stück weit (gefordert waren maximal 10 %) aufgebrochen worden wäre. Dies hätte dazu beitragen können, den Produzenten eine höhere Chance zu geben, ihre in den Film investierten Mittel zurückzudecken, Rücklagen für neue Produktionen bilden und auch vermehrt Rückzahlungen der Fördermittel vornehmen zu können. Es bleibt nun die Hoffnung, dass die Diskussionen, die in den letzten beiden Jahren um diesen Erlöskorridor geführt wurden, dazu beigetragen hat, den Produzenten die Wichtigkeit solcher Regelungen klar zu machen und es ihnen künftig (hoffentlich) häufiger gelingen wird, einen solchen Korridor auf vertraglicher Ebene durchzusetzen.

promedia: Auch die Auswertungsfenster werden nicht verändert. Noch ist das Kino der wichtigste Auswertungsplatz. Hätte sich eine größere Flexibilisierung für die meisten Produzenten wirklich gelohnt?
Palmer:
Wir hätten uns in der Tat eine größere Flexibilisierung der Auswertungsfenster gewünscht. Die Festschreibung von im Wesentlichen unveränderten Regelungen für die gesamte Geltungsdauer des neuen FFG halten wir für einen Fehler. Die Diskussion, die in den USA wenige Tage nach Verabschiedung des FFG über die künftige Gestaltung der Auswertungsabfolge entbrannt ist, macht deutlich, dass hier international viel im Fluss ist. Hier wäre es sicher klüger gewesen, wenn das FFG einen Mechanismus vorsehen würde, der es erlauben würde, auch ohne Gesetzesänderung auf internationale Entwicklungen zu reagieren.

promedia: Die Produzenten haben doch auch nichts davon, wenn das Kino geschwächt wird, also muss man sich doch arrangieren?
Palmer:
Wir hätten volles Vertrauen in Produzenten und Verleiher gehabt, dass sie eine solche größere Flexibilität verantwortungsvoll und im Sinne einer optimalen Verwertung, die die Kinos nicht beschädigt hätte, genutzt hätten.

promedia: Werden die Veränderung beim FFG dazu führen, dass die Eigenkaptalbasis der Produzenten gestärkt wird?
Palmer:
Mit Ausnahme der Neuregelungen zum Erfordernis des Einsatzes eines Eigenanteils ist das leider nicht der Fall, zumal ja auch die Erfolgsdarlehen weggefallen sind. Auch im Verhältnis zu den TV-Sendern hätten wir uns gewünscht, dass das FFG Regelungen vorsieht, die angemessene Rechteteilungen (z. B. unter Berücksichtigung und in Abhängigkeit von der Höhe der von den Sendern gestellten Finanzierungsanteile) hätten befördern können. Auch hier fehlte dem Gesetzgeber offensichtlich der Mut für eine Neuregelung, die die Position der Filmhersteller substantiell verbessert hätte.

promedia: Die FFA will stärker teurere Filme fördern, die auch mehr Zuschauer erreichen sollen. Dafür wurde die kulturelle Filmförderung deutlich aufgestockt. Können Sie mit dieser Arbeitsteilung leben?
Palmer:
Wir haben die Stärkung der kulturellen Filmförderung durch die BKM von Anfang an begrüßt. Wir hoffen, dass sie dazu beiträgt, dass besondere Filme entstehen, die auch beim Zuschauer Erfolg haben. Umgekehrt wenden wir uns aber auch gegen eine Fokussierung der FFA-Förderung allein auf (vermeintlich) erfolgreiche Filmprojekte und der BKM-Förderung allein auf die besonders schwierigen, kommerziell wenig aussichtsreichen Filme. Eine solche Sichtweise könnte in der FFA allzu leicht dazu führen, dass nur noch eine bestimmte Art von Filmen (Komödien, Sequels etc.) gefördert würde. Das könnte dann ganz schnell zu einer Sackgasse werden.

promedia: Wenn die FFA vor allem noch Spitzenförderung, für Filme mit mindestens 500.000 Zuschauern betreibt, sind die Länderförder dann mehr in der Pflicht, mittelgroße Filme zu fördern?
Palmer:
Leider können auch bestens besetzte Vergabekommissionen nicht verlässlich vorhersehen, welche Filme mindestens 500.000 Zuschauer erreichen werden. Selbst Verleihunternehmen, die über fertige Filme zu entscheiden haben, liegen in ihrer Einschätzung oft daneben. Zudem können 500.000 Zuschauer bei einem hoch budgetierten Film sogar beinahe als Misserfolg anzusehen sein, während 150.000 Zuschauer bei entsprechenden Herausbringungskosten bei einem kleineren Film schon ein Erfolg sind. Auch diese Filme können und sollen nach unserer Auffassung weiterhin von der FFA gefördert werden. Die gleiche Bandbreite von Filmen sollte aber auch Zugang zu den Länderförderungen haben. Manche Filme werden auch künftig nur realisiert werden können, wenn die Bundesförderung der FFA (und des DFFF) und die Länderförderungen zusammenkommen, andere auch dann, wenn sie nur Länderförderung erhalten. Insofern sollten die Vergabekommissionen sowohl auf Bundes wie auf Länderebene weiter frei sein, aus der Gesamtheit der ihnen vorgelegten Projekte diejenigen auszuwählen, die sie für förderwürdig erachten.

promedia: Wie ist es mit dem DFFF? Sie haben gefordert, vor allem den DFFF zu stärken. Inwieweit würden davon die Produzenten – die teilweise auch im Ausland drehen profitieren und nicht nur die Studiobetriebe?
Palmer:
Der DFFF war bei seiner Einführung ein fortschrittliches und international wettbewerbsfähiges Instrument. Diese Bedeutung hat er inzwischen nicht nur wegen der Begrenztheit der verfügbaren Mittel (EUR 50 Mio.), sondern auch wegen der Begrenzungen bei den förderbaren Produktionsarten (nicht reine VFX Arbeiten, nicht für deutsche High-End- TV-Produktionen, bestehende Kappungsgrenzen, etc.) verloren. Um hier international wieder eine dem Produktionsstandort Deutschland entsprechende Rolle spielen zu können, braucht es deshalb eine deutliche Ausweitung der Fördermöglichkeiten. Ob diese durch eine entsprechende Aufstockung der bereitstehenden Haushaltsmittel oder vielleicht doch durch eine steuerbasierte Regelung bereitgestellt werden können, ist in den nächsten Wochen und Monaten noch intensiv zu diskutieren. In jedem Fall würde eine solche erweiterte Förderung dazu führen, dass deutlich mehr in Deutschland produziert werden könnte und dies auch mit Budgets, die es ermöglichen würden, den Erwartungen des internationalen Publikums zu entsprechen. Das käme nicht nur den Studios in Deutschland, sondern auch Tausenden von Filmschaffenden zu Gute. Aber auch deutsche Produzenten würden davon profitieren, da jede Produktion, die unter Mitwirkung eines deutschen Produzenten entsteht, die Möglichkeit mit sich bringt, Rechte und damit Auswertungspotentiale für sich zu sichern. Und schließlich wäre auch der deutsche Fiskus ein Gewinner, denn alle verfügbaren Untersuchungen haben gezeigt, dass sich entsprechende Investitionen in die Produktionsförderung auch für den Staat durch höhere Steuer und Sozialversicherungseinnahmen rasch amortisieren.

promedia: Anfang des Jahres haben Sie mit der ARD eine neue Grundsatzvereinbarung abgeschlossen Wie fällt die Bilanz nach einem Jahr aus? Wird sie in der Praxis Buchstabe für Buchstabe umgesetzt?
Palmer:
Die ARD ist kein homogenes Gebilde mit einem einheitlichen Vorgehen. Zwar hat jede einzelne ARD-Anstalt den Eckpunkten 2.0 zugestimmt, aber die neun Landesrundfunkanstalten, aus denen diese „Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands“ besteht, haben zum Teil höchst unterschiedliche Hintergründe und Praktiken bei der Handhabung und Organisation von Auftragsproduktionen. Einige von ihnen sind – aus unserer Perspektive – fortschrittlich und zeigen eine hohe Bereitschaft, die Eckpunkte 2.0 gemeinsam mit den Produzenten umzusetzen. In anderen Häusern muss man sich erst an die veränderten Rahmenbedingungen gewöhnen und tut sich damit derzeit an manchen Stellen vielleicht noch ein bisschen schwer. Insgesamt kann man aber konstatieren, dass wir auf einem guten Weg sind.

„Buchstabe für Buchstabe“ konnten die Eckpunkte 2.0 in diesem Jahr noch gar nicht umgesetzt werden, da zum Beispiel die Regelungen zu den zusätzlichen Kalkulationspositionen erst ab dem 1. Januar 2017, also mit dem Beginn der Beitragsperiode 2017–2010 gelten. Im Übrigen handelt es sich nicht um eine „Grundsatzvereinbarung“, sondern um eine Selbstverpflichtung, die die ARD nach sehr intensiven Konsultationen mit der Produzentenallianz abgegeben hat.

promedia: Welche Vorteile hat dieses Papier den Produzenten gebracht?
Palmer:
Die Eckpunkte 2.0 bringen den Produzenten zum Beispiel erhebliche Fortschritte im Bereich der Kalkulation. Früher wurden notwendige Berufsbilder und bestimmte allgemeine Kosten nicht anerkannt und mussten von den Produzenten selbst finanziert werden. Ab nächstem Jahr werden beispielsweise Producer oder Headautor bei fiktionalen Serien oder projektbezogene Rechtsberatung und Archivarbeit anerkannt. Weiter kann der Produzent durch die Eckpunkte anhand eines klar definierten Wertekatalogs durchsetzen, durch Mitfinanzierung Rechte zu erwerben, die er selbst verwerten kann. Durch das neue Leistungsmodell in den Eckpunkten 2.0 werden die Produzenten künftig am Erfolg ihrer Werke teilhaben – das gab es bei der Auftragsproduktion noch nie. Für prestigeträchtige Auszeichnungen oder Nominierungen und Wiederholungen werden seit Anfang des Jahres Punkte gesammelt. Die zehn Produktionen eines Genres – es gibt sieben davon, von Fernsehfilm bis Kinder/Animation – mit den meisten Punkten erhalten Entwicklungsverträge mit einem Gesamtwert von 3,2 Mio. Euro. Pro Jahr! Und diese Prämien werden nicht aus den normalen Programmtöpfen gespeist, sondern kommen zusätzlich dazu. Über die Laufzeit ergibt das 12,8 Mio. Euro.

promedia: Die Produzenten können mehr Verwertungsrechte behalten, wenn ihr Finanzierungsanteil höher ist. Wie viele Produzenten können das wirklich nutzen?
Palmer:
Das können alle Produzenten nutzen, auch solche, die nicht über große Rücklagen verfügen. In der Vergangenheit mussten zahlreiche Kostenpositionen aus der Handlungsumlage und dem Gewinnanteil des Produzenten gedeckt werden, weil sie vom Auftraggeber nicht anerkannt wurden. Mit den Regelungen zum Kalkulationsrealismus in den Eckpunkten 2.0 ändert sich das. Wenn sich jetzt zeigt, dass zwischen Kalkulation und Senderbudget eine Lücke sichtbar wird, kann der Produzent diese Lücke zum Beispiel aus seinem Gewinnanteil schließen und die eingesetzten Mittel durch eigene Verwertung refinanzieren und vermehren.

promedia: Wo stimmen die Beziehungen zwischen Produzenten und der ARD trotz dieses Eckpunktepapiers noch immer nicht?
Palmer:
Ein Punkt, mit dem wir in den Eckpunkten 2.0 alles andere als zufrieden waren, war die Beteiligung von 16 % an den Bruttoerlösen, die den Sendern aus der Zweitverwertung entstehen. Das war und ist uns zu wenig. Deshalb wird dieser Punkt jetzt neu evaluiert, und ich bin zuversichtlich, dass dabei eine sachgerechte Lösung entsteht.

promedia: Welche Chancen bestehen für kleinere Produzenten, Rechte, die sie behalten auch z.B. über digitale Plattformen zu verwerten?
Palmer:
Ich glaube nicht, dass sich die Chancen der kleineren von denen der größeren Produzenten unterscheiden. Letzten Endes kommt es auf die Produktion an: Wenn sie gelungen ist und beim Publikum ankommt, wird sie auch ihren Weg zu einer kommerziellen Zweitverwertung finden. Abgesehen davon darf man nicht vergessen, dass es eine systematische Verwertung durch die Produzenten in Deutschland bisher nicht gegeben hat. Die Produzenten hatten ja normalerweise kaum Rechte, die sie überhaupt hätten verwerten können. Weil wir wissen, dass es für diese Rechte einen Markt gibt, können wir auch darauf vertrauen, dass sich eine effektive Vermarktung dieser neuen Rechte ergibt. Falls die Produzenten dies nicht selbst in die Hand nehmen können oder wollen.

promedia: Die Beiträge von ARD und ZDF werden länger in den Mediatheken zu sehen sein. An der Ausweitung der Mediathek arbeiten die Länder. Die KEF hat einen höheren Beitrag für die Rechtevergütung bewilligt. Erfolgt jetzt eine realistische faire Vergütung für die Medientheken-Nutzung?
Palmer:
Schwieriges Thema. Die Politik will die Verweildauern in den Mediatheken verlängern, weil es den Beitragszahlern nicht zu vermitteln ist, dass Inhalte, die sie mit dem Rundfunkbeitrag voll finanziert zu haben glauben, nach einem vermeintlich willkürlich festgelegten Zeitraum nicht mehr zugänglich sind. Die Sender befürchten, von den kommerziellen VoD-Angeboten – von Netflix bis YouTube – abgehängt zu werden, wenn die lineare Programmnutzung tatsächlich einmal signifikant abnehmen sollte. Das ist bei den jüngeren Zuschauern ja schon jetzt so. Deshalb wollen sie ihre Mediatheken technisch aufrüsten, wie es das ZDF jetzt schon vorgemacht hat, und schaffen neue, non-lineare „Programme“ wie das junge Angebot Funk, das nichtmal mehr auf einen Ausspielkanal beschränkt ist. Dazwischen stehen die Produzenten, die durch verlängerte Mediathekennutzungen ihrer Werke der Möglichkeit beraubt würden, ihre mühsam erkämpfen Verwertungsrechte zu realisieren.

Was wir brauchen, ist ein marktkonformer finanzieller Ausgleich für die verringerten ökonomischen Chancen. Ein erster Teilerfolg ist der Mediatheken- Gewinnzuschlag von bis zu 1% der kalkulierten Herstellungskosten, den das ZDF in seinen neuen Rahmenbedingungen angekündigt hat und der für vollfinanzierte Auftragsproduktionen gilt, bei denen die Sender in der Regel ohnehin alle Auswertungsrechte kontrollieren. Bei teilfinanzierten und Koproduktionen sowie Förderproduktionen, deren Herstellungskosten nicht vollständig von der Sendeanstalt getragen werden, muss es dem Produzenten jedoch möglich sein, sein Investment durch die Auswertung von Zweitverwertungsrechten zurückzuverdienen, indem er diese entgeltlich an Dritte, z. B. einen DVD-Vertrieb oder eine kommerzielle VoD-Plattform lizenziert. Deshalb gibt es für diese Produktionsarten folgerichtig auch keinen Mediatheken-Gewinnzuschlag. Niemand aber wird solche Rechte erwerben, wenn diese Programme gleichzeitig kostenlos in öffentlich-rechtlichen Mediatheken zugänglich sind, was bedeutet, dass das Investment der Produzenten verloren wäre: Durch die langfristige unentgeltliche Mediatheken-Nutzung wird also ein komplettes Geschäftsmodell und die Existenz der dahinter stehenden unabhängigen Produktionsunternehmen in Frage gestellt. Das dargestellte Problem der unentgeltlichen Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender wäre deutlich geringer, wenn Produzenten und Sender gemeinsam von einem kommerziellen Online-Angebot wie Germany‘s Gold hätten profitieren können. ZDF und Landesrundfunkanstalten hätten selbst ein Interesse daran entwickelt, Produktionen nicht allzu lange unentgeltlich anzubieten, um die Marktchancen eines eigenen Angebots nicht zu beschädigen. Da das Kartellamt diese Tür für eine marktkonforme Lösung des Problems jedoch leider verschlossen hat, muss jetzt die Gesetzgebung dahingehend verändert werden, dass wenigstens Programme, in die auch der Produzent investiert hat, von einer längerfristigen Mediathekennutzung ausgenommen werden. Da ist noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten, aber es wäre nicht das erste Mal, dass wir uns mit vernünftigen Argumenten und pragmatischen Lösungsmöglichkeiten durchsetzen.

Aus: Promedia Nr. 1/2017. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Promedia-Verlags.

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